Es ist mein großes Bedürfnis
nach Freiheit und Ungeformtheit, weshalb ich in meinen intuitiven abstrakten Kritzelbildern meistens kaum Symbole und Muster zeichne. Muster und Symbole verkörpern je nach kulturellen Einflüssen eine klare Bedeutung, während das Abstrakte mir viel mehr Freiheit und Offenheit bietet. Ich liebe den weißen Raum auf dem Papier, der als Möglichkeit offenbleibt, falls sich nachträglich etwas gestalten möchte, was sich jeder festen Bedeutung entzieht.
Nicht selten wird ein Bild erst nach Tagen fertig und nimmt sich im Prozess Zeit für die Entwicklung. Es ist mein Bedürfnis nach kreativer Freiheit und dem Loslassen von starren Formen. Symbole zwingen mir buchstäblich Bedeutungen und Interpretationen auf. Ich aber möchte mich im Zustand des freien Seins bewegen. Meine Kritzelbilder müssen keinen Erwartungen und Konzepten entsprechen. Mit dem Verzicht auf Verzierungen und Schnörkel entkomme ich dem Druck, dass meine Kritzelei erst fertig ist, wenn Überfülle und eine wilde Mischung aus Symbolen und Mustern sichtbar ist.
Der Prozess
des abstrakten Gestaltens bringt mich in einen Zustand, in dem ich mich rein auf den Moment des Zeichnens konzentriere. Mir ist es in diesem Moment überhaupt nicht wichtig, meiner Kritzelei eine bestimmte Bedeutung oder Struktur zu geben. Meine Kritzelbilder wollen offenbleiben für Interpretationen und keine Muster oder Symbole sollen sie in eine bestimmte Richtung lenken.
Ich genieße in der Zeit des Malens die Verbundenheit mit meinem Inneren, den Zustand des „einfachen Schaffens“ ohne dass mein Verstand versucht, die Zeichnung zu interpretieren. Muster, Symbole, Schnörkel und Verzierungen überlagern meinen direkten Ausdruck meines inneren Zustands. Über das abstrakte Kritzeln bin ich viel besser mit meinem inneren Selbst in Kontakt, weil es mehr Freiheit und Raum für tieferes, nicht-intellektuelles Empfinden bietet.
Die Abwesenheit
von erkennbaren Mustern lässt das Bild offener für intuitive oder unbewusste Inhalte. Es kann sogar sein, dass ich Tage oder Monate später noch einmal in dem Bild weiter zeichne. Ich spüre, wenn das Bild fertig ist, erzwinge aber nichts, sondern bleibe im Fluss des Momentes, in einem Zustand völliger Versunkenheit im Zeichnen. Ich bin einfach im Flow-Zustand. Verzierungen und Verhübschen widerspricht dem authentischen Fluss des Momentes in mir, es sei denn, ich bekomme einen tiefen inneren Impuls, dem ich dann sehr bewusst folge.
Manchmal kommt ein Wort oder ein Gedanke aus dem Inneren empor. Ich notiere es auf die Rückseite meiner Kritzelei. Spüre ihm nach, was es im Körper macht und welche Botschaft es überbringt. Gefühle gesellen sich manchmal dazu. Ein Lachen, eine Träne, oder auch Widerstände, die sich zeigen. Wut, Verärgerung und Schmerz nehmen manchmal auch ihren Raum ein. Die Bandbreite ist groß, was sich alles auf dem Papier abspielt, wenn ich aufmerksam bin. Alles darf sein.
Der pure Ausdruck
In meinen abstrakten Kritzelbildern möchte ich den puren Ausdruck meines reinen SOSEIN erleben. Das Wesentliche intuitiv erfassen und ausdrücken, was mich in der Tiefe ausmacht. Die Sehnsucht nach diesem reinen, klaren Ausdruck ist tief mit dem Streben nach Authentizität und Essenz verbunden. Es ist mein inneres Bedürfnis, mich von den vielen Schichten der Anpassung zu befreien und die Bereitschaft, jede Maske abzulegen.
Das Unverfälschte, meine Essenz zu erfahren, darzustellen und die ständigen lauten Stimmen im Kopf zur Ruhe kommen zu lassen. So wird meine intuitive, kreative Kritzelei, die auf das Wesentliche reduziert ist, zum unmittelbaren Kanal, durch das mein Inneres – Gedanken, Gefühle, Empfindungen – direkt auf das Papier fließen, ohne das sie vom Verstand oder äußeren Erwartungen gefiltert, oder durch kulturelle Symbole „verschmutzt“ werden.
Meditation auf dem Papier
Für mich ist dieser Zeichenprozess Meditation in Bewegung. Zeit ganz alleine für mich und meine Zeichenhand, die mein Inneres sichtbar nach außen transportiert. Dieser direkte Ausdruck meines Selbst, ist frei von Vernebelungen zusätzlicher Symbole, Muster und Verzierungen, weil das, was entsteht, so rein und ehrlich ist wie möglich in dieser Verbindung mit dem Fluss des Moments. Es zeigt das, was meinem reinen inneren Zustand entspricht. Nur die klare, unmittelbare Bewegung von Stift und Intuition.
Fazit
Ich finde es sehr bemerkenswert, wie tief mein zweitwichtigster Wert Klarheit im Leben mit meinem kreativen Ausdruck verbunden ist.
Merke! Meine Gedanken sind meiner Innerlichkeit entsprungen und diese muss selbstverständlich nicht identisch sein mit deiner Perspektive und deinem künstlerischen Ausdruck.
Der wahre Sinn der Kunst liegt nicht darin, schöne Objekte zu schaffen. Es ist vielmehr eine Methode, um zu verstehen. Ein Weg, die Welt zu durchdringen und den eigenen Platz zu finden.
Paul Auster